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Stift Břevnov (Břevnovský klášter) oder Wie man den Barock verstehen kann

In Prag existieren einige wenige Objekte, deren majestätische Architektur in der ursprünglichen, beinahe intakten Form, erhalten geblieben sind. Wenn Sie ein Problem damit haben, den Barock als Kunststil zu verstehen und es Ihnen nicht gelingt, in die Geheimnisse der christlichen Symbolik, die Schönheit der Hell-Dunkel-Malereien und die Ästhetik der dynamischen Statuen einzudringen, dann schauen Sie im Stift Břevnov vorbei. Dort haben Sie alles unter einem Dach.

  • © Prague City Tourism
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Das Kloster in Břevnov gehört wirklich zu den pursten Vorzeigestücken des tschechischen Hochbarockbauwesens. Seine Geschichte begann jedoch bereits viele Jahrhunderte früher, im Jahr 993. Damals legten der zweite Prager Bischof Adalbert von Prag und der Graf Boleslav II. bei der Quelle des Bachs Brusnice die erste, ursprünglich hölzerne Kirche mit einigen einfachen Klostergebäuden an. Die grob geschnitzten Holzbalken (tschech.: Břevno), aus denen das ursprüngliche Kloster errichtet wurde, gaben der uralten Klausur auch ihren Namen. Adalbert brachte dann eine Handvoll Benediktinermönche aus Italien nach Břevnov, welche die Vollstrecker der christlichen „Agitation“ im bis dahin überwiegend heidnischen Böhmen werden sollten. Nach der Ermordung des Geschlechts der Slavnikiden (aus dem auch Adalbert stammte) im Jahr 995 ging das Kloster allerdings mehr oder weniger zugrunde, um dann in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts erneuert zu werden. Die heruntergekommenen Holzgebäude wurden von der romanischen Basilika der Hl. Margarethe (Bazilika sv. Markéty) mit Konvent ersetzt.

Von der Krypta bis zum Gewölbe
Aus der damaligen Zeit kann heute die einzigartige Krypta unter dem derzeitigen Chor besichtigt werden, die in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts von Archäologen entdeckt wurde. Es handelt sich um einen der ältesten, zumindest teilweise erhaltenen Bauten auf dem Gebiet der Tschechischen Republik. Während dem 13. und 14. Jahrhundert fand dann ein gotischer Umbau statt, von dem die meisten der hiesigen Gebäude betroffen waren. Der Konvent war zu dieser Zeit die führende kirchliche und kulturelle Institution – er verfügte über eine große Bücherei, mittels derer sich Heiligenkulte in Böhmen verbreiteten, zu deren Angehörigen eine Reihe markanter Persönlichkeiten gehörte und auch die wirtschaftliche Stellung des Klosters war nicht ohne Bedeutung. Im Laufe der Hussitenstürme wurden die Klosterobjekte vernichtet und der dreißigjährige Krieg vollendete das Werk der Zerstörung. Erst in den Jahren 1708–1745, also zu der Zeit, als die katholische Kirche ihre Position intensiv festigte, fanden die Wiederbelebung des hiesigen Ordens, die Errichtung eines neuen Konvents, einer prächtigen Basilika und der teilweise Umbau der älteren Teile im Stil des Hochbarocks statt. Der neue Klosterkomplex entstand nach dem Entwurf Kryštof Dientzenhofers und seines Sohns Kilián Ignác. Sein schönster Teil ist zweifelsfrei die Kirche der Hl. Margarethe (Chrám svaté Markéty), an der man perfekt alle Hauptattribute des Barocks erkennen und benennen kann: Monumentalität (die den einfachen Menschen in Erstaunen versetzen sollte), Gefühlsvermögen bis hin zur Exaltiertheit, innere Spannung, Pathos, Freskengewölbe, die das auf die Erde übertragene Abbild des Himmels verkörpern, große Leinwände mit religiöser Thematik, Statuen in dynamischen Körperhaltungen usw.

Plejaden barocker Meister
An den Verzierungen des Interieurs arbeiteten die besten Künstler ihrer Zeit. Der Hauptaltar wurde nach dem Entwurf Kryštof Dientzenhofers vom Schnitzer Josef Dobner entworfen, die Plastiken schuf Matouš Václav Jäckel genau wie die Skulpturen der benediktinischen Heiligen an den Seiten des Kirchenschiffs. Die Altarbilder sind überwiegend Originale eines der bedeutendsten Maler des Barocks, Petr Brandl. Die Gewölbe sind von Fresken von Jan Jakub Steinfels bedeckt, die schon allein deshalb in Erstaunen versetzen, weil der Künstler sie als siebzigjähriger Greis malte. Die intarsierten Chorbänke von Jan Sichmüller verzieren die Statuen von Richard Prachner, die Kirchenorgel stammt aus dem Jahr 1725 und ist ein Werk des Orgelbauers Tobiáš Meisner. Wie Sie sehen können, Barockdelikatessen eine größer als die nächste.

Es endet nicht mit der Kirche
Der umfangreiche Klosterkomplex umfasst neben der Kirche der Hl. Margarethe das zweistöckige Gebäude seines Konvents mit drei Innenhöfen, Wirtschaftsgebäuden (im renovierten Getreidespeicher befindet sich ein Informationszentrum), Prälatur (Abtresidenz), die Gloriette Josefka und das Lustschloss Vojtěška mit der Kapelle über dem Brunnen (Quelle des Bachs Brusnice), bei der das Kloster der Legende nach gegründet wurde. Das imaginäre Sahnehäubchen auf der Barocktorte ist die vor Kurzem renovierte Orangerie, ebenfalls ein Werk Kilián Ignác Dientzenhofers. In der Zeit ihrer Entstehung diente sie als Glashaus zum Anbau von Blumen, Obst, Gemüse und subtropischen Pflanzen. Heutzutage wird dieser eindrucksvolle Bau als Ausstellungsraum genutzt. An das Klostergebäude unmittelbar anschließend finden Sie einen Stufengarten, einen Obstgarten und einen Waldpark mit Friedhof, auf dem eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten ruht (z. B. der Sänger Karel Kryl, der Philosoph Jan Patočka sowie Jan Anastáz Opasek, der Erzabt des Klosters). Diese umfassenden Grünflächen werden häufig zum Ziel von Pragern und Touristen, die sich nach Ruhe und Entspannung sehnen.

Gesegnetes goldenes Nass
Es überrascht Sie vielleicht, dass „im Hause Gottes“ auch Zeit für weltliche Freuden ist – zum Areal gehört schließlich auch das moderne ökologische Hotel Adalbert und das altböhmische Restaurant Klášterní šenk, in dem unter anderem die Bierspezialitäten der örtlichen Kloster-Minibrauerei gezapft werden. Einige Repräsentationssäle des Klosters werden kommerziell für verschiedene gesellschaftlich-kulturelle Veranstaltungen genutzt (Konzerte, Hochzeiten, Vorlesungen, Präsentationen, Empfänge etc.). Im Programm des Klosters finden Sie während dem Jahr einige beliebte Veranstaltungen, darunter zum Beispiel Frühlingsmärkte, mittelalterliche Feierlichkeiten oder Weihnachtsmessen und Gottesdienste. Sehr beliebt ist die alljährliche Herbstweihe, die bereits seit 250 Jahren veranstaltet wird. Ihre Tradition begann, nachdem die preußischen Soldaten, die in den Räumlichkeiten des Klosters während der Eroberung Prags einen Stall und ein Lazarett einrichteten, die Kirche im Jahr 1757 verließen. Die entweihte Kirche musste damals neu geweiht werden.

Das Kloster in Břevnov, das älteste Männerkloster in Böhmen, ist mit seinem Genius Loci eines der bedeutendsten Erinnerungsstücke an unsere älteste Geschichte und bleibt ein Andenken an die schwierigen Anfänge des Christentums in den Ländern Tschechiens. Seine derzeitige Barockform besticht bis heute mit ihrer Eleganz und stilistischen Reinheit.

Benediktiner Erzabtei des Hl. Adalbert und der Hl. Margarethe (Benediktinské arciopatství sv. Vojtěcha a sv. Markéty)
Markétská 1/28, Praha 6 – Břevnov
Klosterpforte / Infozentrum:
Tel.: 220 406 111, E-Mail: klaster@brevnov.cz, www.brevnov.cz
Mo–Fr 8.30–17.30
Sa, So 9.00–16.00

Besichtigungen: Sa 10.00, 14.00, 16.00 und So 11.00, 14.00, 16.00 (April–Oktober) und Sa 10.00, 14.00 und So 11.00, 14.00 (November–März); Klostergarten täglich 6.45–20.00 geöffnet. An Wochentagen finden die Klosterbesichtungen nur für im Vorhinein angemeldete Interessenten zwischen 10.00 und 16.00 statt.

Was Sie in der Umgebung ebenfalls nicht auslassen sollten:
Park Ladronka / prague.eu
Eine einzigartige Kombination aus Park und Sportfreizeitareal. Die Lokalität erhielt ihren Namen nach einem der bekanntesten Prager Gehöfte und ist heute vor allem bei Inlineskatern und Fahrradfahrern beliebt. Hier befindet sich nämlich die längste beleuchtete Inlinebahn in Prag (4,2 km). Das Gebäude Ladronkas wurde zu einem Kultur- und Gesellschaftszentrum mit Bowlingbahn und Restaurant umgebaut. In direkter Nachbarschaft des Gehöfts können ein moderner Kinderspielplatz, Beachvolleyballplätze und Pétanqueplätze genützt werden. Der Park wird auch jedes Jahr zum Schauplatz eines der größten Freizeitfestivals Tschechiens – des Ladronkafests.

Kaštan – Klub Unijazz | Popmuseum | Atelier | Kaffeehaus / kastan.unijazz.cz
Das natürliche Kultur- und Gemeindezentrum von Prag 6. Die Basis ist ein Saal mit einer Kapazität von etwa 100 Besuchern, wo Konzerte, Theatervorstellungen für Kinder sowie Erwachsene, Vorlesungen, Filmprojektionen, Festivals und Ausstellungen stattfinden. Teil des Gebäudes ist auch eine Exposition des Popmuseums, die sich auf die Geschichte der tschechoslowakischen Rockmusik aus den Jahren 1959–1972 bezieht. Sie umfasst eine Sammlung von Grammofonplattenhüllen, Autogramme von Künstlern, Fotografien, Schriftdokumente, audiovisuelle Vorzeigestücke, zeitgemäße Radioempfänger oder Musikinstrumente. Das Atelier Kaštan im zweiten Stockwerk organisiert Kunstkurse für Kinder, Studierende, Erwachsene, Senioren sowie Mütter mit Kindern. Im Souterrain können Sie im Kaffeehaus Únik einen Imbiss einnehmen.

Wildgehege Stern (Obora Hvězda) / prague.eu
Ein weitläufiger Waldpark mit drei langen Alleen, die vor dem Renaissancelustschloss zusammenlaufen, das auf dem einzigartigen Grundriss eines sechszackigen Sterns errichtet wurde. Ursprünglich diente es der Unterhaltung und Jagd der Prager Crème de la Crème des 16. Jahrhunderts, heute ist es eine große Erholungszone, die nicht nur die Prager zum Entspannen, für Spaziergänge, Jogging, Fahrradfahren, mit Hunden Gassigehen und im Winter sogar zum Langlaufen nutzen. Das Wildgehege durchläuft ein interessanter Lehrpfad, der die lokale Natur und Geschichte beschreibt, inklusive der Umstände des berühmten Kampfes am Weißen Berg (1620), der hier stattfand. Im Areal befinden sich einige Kinderspielplätze, zwei Picknickplätze mit Feuerstelle, im Lustschloss finden Sie ein Kaffeehaus mit Erfrischungen und gelegentlich werden hier Ausstellungen und Konzerte veranstaltet.

Wie Sie dort hingelangen:
Straßenbahn: 22, 25, 97 – Haltestelle Břevnovský klášter

Autor: Jan Pomykal, Brand Management Department