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Freiheit und Andersartigkeit. Das ist LGBT+ Kunst

Die Prager halten sich ihren freien Lebensstil ohne Vorurteile zugute. Und gerade ihre Offenheit und Unvoreingenommenheit ermöglichen es Kunst, Innovationen sowie der Kreativität, in Prag zu florieren. Die queere Kultur erkundet die Andersartigkeit, analysiert die Psychologie sowie die Philosophie der Minderheitsgemeinschaft und bemüht sich, die nicht-heterosexuelle Erfahrung näher zu bringen, zu erfassen und zu interpretieren. Sie hilft so dabei, über unsere Identität nachzudenken und darüber, warum wir manches normal finden und anderes nicht.

Veröffentlicht am 17. September 2021

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Warum schaffen wir uns selbst kulturelle sowie Kommunikationsbarrieren, die wir dann zu Standards machen? Und warum kann es uns passieren, dass wir beim Kontakt mit der queeren Szene unsere Komfortzone verteidigen, ohne eine rationale Erklärung dafür zu haben? Schließlich ist gerade das Wahrnehmen der Veränderungen der Welt eine primäre Aufgabe der Kunst in der Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen.

Welche Impulse, Persönlichkeiten, wesentliche Momente ihres Schaffens verhalfen zu einer sensibleren Wahrnehmung der LGBT+ Kunst? Und können wir Kunst eigentlich mit dem Wort „queer“ verbinden? 

 

Über all das sowie queere Kunst haben wir uns mit den Gründerinnen von Mothers Artlovers unterhalten, den Künstlerinnen Darina Alster und Kateřina Olivová.

Kunst durch die Augen von Mothers Artlovers

Darina Alster

Was bedeutet queere Kunst für Sie persönlich?

Queere Kunst ist immer aktivistisch und feministisch. Es ist Kunst, die die Rechte von Minderheiten und Übersehenen beachtet. Sie beschäftigt sich mit der Körperlichkeit, Identität, Sexualität, der inneren und äußeren Ökologie, der Pflege und nicht zuletzt der Freude am Leben.

Welches Projekt aus ihrem derzeitigen Schaffen würden Sie gerne hervorheben?

Eines meiner letzten Projekte, das sich mit der LGBTQ Thematik befasst, ist die Flagge der nichtbinären Madonna, die ich auf der Mariensäule am Altstädter Ring am 2. 9. 2020 gehisst habe.

Was war die Motivation hinter diesem Werk?

In einer Zeit, wo die konservativen Autoritäten der Welt mit der Religion fuchteln und mit der Nation versuchen, die Rechte von Frauen einzuschränken, sie auf „ihren Platz“  außerhalb der Entscheidungsprozesse zurückzuschicken und das ganze Land vergewaltigen, wollen wir der Spiritualität ihre eigene Stimme zurückgeben. Wir wollen, dass sie wieder für die Unterdrückten spricht, dass sie die Sprache des Verständnisses und der Liebe spricht.

Was symbolisiert die Madonna?

Das Gesicht der nichtbinären Madonna ist das Gesicht der Beschützer der Wälder und Urwälder, die bei deren Verteidigung starben – zum Beispiel der indianischen Beschützerin des Amazonasurwalds Paula Paulina Guajajara und anderen. Genau wie die Gesichter der Aktivistinnen und Aktivisten, die für die Rechte von Frauen und LGBTQI kämpfen und zu Unrecht inhaftiert sind, wie zum Beispiel Yulia Tsvetkova.

Die Madonna ist nicht nur eine feministische Göttin, sondern vor allem eine Beziehung. Die Mutter der Barmherzigkeit stellt heute die Beziehungen zwischen Menschen und Gemeinschaften wieder her und hilft, eine Gesellschaft entstehen zu lassen, deren Funktionieren nicht auf dem Ausnutzen von Machtstrukturen basiert. Die Madonna ist ein Symbol der wiedergefundenen Beziehung zwischen der Natur und den Menschen. Die Mutter der Barmherzigkeit, die immer jedes Kind auf der Erde rettet.

Kateřina Olivová

Was bedeutet queere Kunst für Sie persönlich?

Für mich ist das Queer-Thema in der Kunst vor allem eine Frage der Nicht-Normativität, Andersartigkeit im besten Sinne des Wortes – Außergewöhnlichkeit, wie ein Regenbogen. Grundlegend für mich ist der freie Raum für Alle, seine Verwendung und wie er erlebt wird.

Womit beschäftigen Sie sich?

Ich widme mich der Mutterschaft, dem Stillen, ich habe eine Guerilla-Stillgruppe gegründet und zusammen mit Darina Alster die Mothers Artlovers – eine Supportgruppe für Frauen im Kunstbetrieb. Allgemein widme ich mich intensiv der Körperlichkeit, und zwar nicht nur meiner, sondern auch der von anderen Menschen, vor allem Frauen.

Welches Werk aus Ihrem derzeitigen Schaffen würden Sie gerne hervorheben?

Gerne würde ich zum Beispiel das vielschichtige Werk Gruppe nackter Frauen in der Landschaft hervorheben, bei dem ich mit der Erfüllung eines erotischen Traums arbeite und mit der rohen und reichen Körperlichkeit.

Was soll dieses Werk symbolisieren?

Das Werk drückt die Vielfältigkeit von Frauen aus. Jede Frau ist völlig unterschiedlich, wir haben unterschiedliche Gesichter, aber auch unterschiedliche Wünsche, Träume, Aktivitäten. Und das alles spiegelt sich auch in unserem Körper wider. Eine Gruppe nackter Frauen schafft eine basale, ungezwungene und gleichzeitig erotisch gefüllte Situation, wo es möglich ist, unterschiedliche Frauenkörper zu sehen und auf sie zu reagieren, gemeinsam Zeit in natürlicher Umgebung zu verbringen und über alles Mögliche zu sprechen. Wichtig ist für mich die Vielfältigkeit und Vielzahl der Gesichter, die Nichtnormativität in diesen vielen Möglichkeiten, Emanzipation und Empowerment.

Der Frage der "queer Art", ihrer Wahrnehmung und Wirkung auf die breite Öffentlichkeit widmet sich eine Vielzahl zeitgenössischer Künstler, Performer sowie Theoretiker. Gleichzeitig existieren digitale, wie auch live Plattformen, wo es möglich ist, die LGBT+ Community und ihren Blick auf die Welt, ihre Kunst oder etwa Literatur kennenzulernen.

Wir wollen hier zum Beispiel das Filmfestival „Mezipatra“ nennen, das sich vor allem auf Dokumentar- und künstlerische Filme konzentriert.
Wir dürfen auch nicht auf das reiche Programm in den Tagen des Festivals Prague Pride vergessen. Dieses bietet eine bunte Skala an Vorlesungen, Ausstellungen, Theatervorstellungen, Exkursionen und weiteren Kulturveranstaltungen mit Fokus auf LGBT+ Kunst.

Es handelt sich auch gar nicht so sehr um den Aufkleber „Queer“ als um das Kunstverständnis selbst und seinen reichen Kulturbeitrag in der modernen Welt.

 

Also warum sich nicht dorthin begeben, wo sich die Welt der zeitgenössischen und der LGBT+ Kunst überschneidet?

Finden können Sie sie auch in den Prager Galerien wie zum Beispiel DSC Gallery (Dlouhá 5, Prag 1) oder Art Space Světova 1 (Světova 1, 180 00 Prag 8).

Und wenn Sie von der Kunst bereits gesättigt sind, können Sie zum Beispiel eines der vielen LGBT+ friendly Kaffeehäuser oder Restaurants besuchen.

Prague City Tourism

Prague City Tourism (PCT) ist eine Aktiengesellschaft zu 100 % im Besitz der Hauptstadt Prag und ist die zertifizierte offizielle Organisation des Destinationsmanagements der Hauptstadt Prag. Ihr Hauptziel ist die Unterstützung des nachhaltigen heimischen sowie ankommenden Reiseverkehrs in der Hauptstadt.