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Masaryk-Kai

Photo: Prague City Tourism

Wenn wir aus allen Prager Kais den schönsten aussuchen sollten, dann würde wohl der Masaryk-Kai gewinnen. Die Reihe stattlicher Häuser, welche das rechte Ufer der Moldau von der Brücke der Legionen (Most Legií) bis zur Jirásek-Brücke (Jiráskův most) säumen, ist einer der außergewöhnlich fotogenen Orte in Prags.

Veröffentlicht am 12. März 2021

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Bis auf einen kurzen Abschnitt zwischen dem Nationaltheater und der Straße Na Struze, der älter ist und bereits in Zusammenhang mit dem Bau der ursprünglichen Kettenbrücke gebaut wurde, wurde der Kai nach dem Jahr 1903 errichtet. Interessant ist, dass es sich wahrscheinlich um den am öftesten umbenannten Kai in Prag handelt. Im Lauf des letzten Jahrhunderts änderte sich der Name dieses Uferboulevards gleich mehrmals. Ursprünglich wurde er nach Kaiser Franz I. benannt, ab dem Jahr 1912 in Rieger umbenannt, nach dem bedeutenden böhmischen Politiker aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, während dem Krieg in Moldau-Kai, im Jahr 1942 in Heydrich, nach dem 2. Weltkrieg hieß er wieder kurz Rieger, und danach trug er bis zur Samtenen Revolution den Namen des kommunistischen Präsidenten Gottwald. Den Namen des ersten tschechoslowakischen Präsidenten T. G. Masaryk trägt er erst seit dem Jahr 1990.

Es ist interessant, sich vorzustellen, wie dieser Teil des Moldauufers Ende des 19. Jahrhunderts noch vor der Regulierung aussah. Zwischen der Jirásek-Brücke und dem weiß leuchtenden Palais Mánes, wo Sie heute nicht nur entlang des Kais, sondern auch in mehr Ruhe direkt am Flusses gehen können, war die Schwemmstelle (Náplavka). Im Sommer wurde sie zu einem der Orte, an dem sich Arbeiter versammelten, die Sand vom Flussboden holten und im Winter Eis aus dem Fluss hackten, die den Fluss für ihren Lebensunterhalt nutzten. Genauso war das auch am Ufer gegenüber der Slaweninsel (Slovanský ostrov), bekannt auch unter dem Namen Žofín. Die Gruppen von Mühlen griffen tief in den Seitenarm der Moldau ein, neben ihnen am Ufer befanden sich öffentliche Bäder, eine Wäscherei und die Häuser des Vojtěšská-Viertels. Oft waren es Werkstätten, Manufakturen und kleinere Fabriksobjekte, die vom Wasser abhängig waren.

Nach der Sanierung des Vojtěšská-Viertels veränderte sich die Situation signifikant. Der Kai wurde aus dem Flussbett herausgeschoben – an einigen Stellen um bis zu 50 m. So entstand die Straße mit Blöcken prunkvoller Häuser, die ein echtes Aushängeschild der Prager Architektur des frühen 20. Jahrhunderts sind. Lernen wir einige davon näher kennen.

Den Spaziergang entlang des Masaryk-Kais eröffnen wir mit einer Besichtigung des wohl bekanntesten Gebäudes, des Nationaltheaters (Národní divadlo). Dieses dominiert den Kai seit dem Jahr 1881, als es zum ersten Mal eröffnet wurde. Nach einem verheerenden Feuer wurde es zwei Jahre später wiederhergestellt. Der monumentale Renaissancebau ist ein Werk der Architekten Josef Zítek und Josef Schulz. An seiner pompösen äußeren und inneren Verzierung beteiligte sich eine Reihe von Künstlern, die wir als „Generation des Nationaltheaters bezeichnen“, auch wenn hier altersmäßig drei Generationen aufeinandertrafen. Wir finden hier zum Beispiel die Spitzenwerke von M. Aleš, F. Ženíšek, V. Hynais, J. V. Myslbek u.a.m.

Ein Stück weiter beginnt eine Reihe wunderschön verzierter Jugendstilhäuser, die vom prächtigen Eckpalais der Ersten böhmischen Rückversicherungsbank (První česká zajišťovací banka) angeführt werden, wo bis heute das Goethe – Institut (Nr. 224/32) seinen Sitz hat. Urheber des unübersehbaren Baus war der Architekt Jiří Stibral, für die bildhauerische Verzierung des Gebäudes sorgte Ladislav Šaloun.

Eine gründliche Besichtigung ist auch das Haus Nr. 236/30 wert, das auf den ersten Blick mit seiner gegliederten Fassade mit sehr markanter Verzierung begeistert, deren Urheber der Maler Ladislav Novák ist. Dieser fing hier Szenen mit Wassermärchenwesen, aber auch den realen Bau des Kais ein. In der Zwischenkriegszeit befand sich im ersten Stock das beliebte Kaffeehaus Riviera, wovon die Aufschrift im Eisengeländer des Balkons sowie die derzeitige Cafébar gleichen Namens im Erdgeschoss zeugen.

Ein tolles Vorzeigestück der Architektur des frühen 20. Jahrhunderts sind auch die beiden benachbarten Häuser, Nr. 234/26 und Nr. 235/28. Projektant und Miteigentümer des ersten von ihnen war Kamil Hilbert, ein Architekt, der fast sein ganzes professionelles Leben der Fertigstellung des Veitsdoms auf der Prager Burg gewidmet hat. Das zweite Haus, das eine etwas bescheidenere Verzierung hat, entwarf sich der Besitzer einer der bedeutendsten Baufirmen in Prag, Matěj Blecha, selbst, wie das Monogramm im Schild belegt.

Ein echtes Schmuckstück in diesem Häuserblock ist das Jugendstilhaus Hlahol (Nr. 248/16) aus den Jahren 1904–1905, errichtet nach dem Projekt von Josef Fanta und František Schlaffer. Das Haus diente den Bedürfnissen des Chors Hlahol. Darin befinden sich der Konzertsaal des Chors mit Glasdecke und Büsten der Chorleiter, kleine Orgeln und auch eine geräumige Lünette mit dem Gemälde Böhmisches Lied von Alfons Mucha. Das Gebäude durchdringt einen ganzen Block in die Vojtěšská Straße. Der reich geschmückte Aufputz verweist auf die Berufung des Chors mit seinem Motto „Mit dem Gesang zum Herzen, mit dem Herzen zur Heimat“ platziert auf beiden Fassaden.

Weiter gegen den Strom der Moldau befindet sich der unübersehbare Wasserturm Šítkov (Šítkovská vodárenská věž) im Renaissancestil, der als Beobachtungsposten berühmt geworden ist, von dem aus die kommunistische Staatssicherheit die Wohnung des damaligen Dissidenten und späteren ersten Nachrevolutionspräsidenten Václav Havel überwachte. Der Turm wurde in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet, seine heutige Form erhielt er nach der Instandsetzung im Jahr 1651 und seinem Zweck diente er bis ins Jahr 1881. Er war von Mühlen und einem Wasserwerk umgeben. An seiner Stelle entstand in den Jahren 1928–1930 das einzigartige funktionalistische Gebäude des Vereins bildender Künstler Mánes (Spolek výtvarných umělců Mánes) (Nr. 250/1). Den Verein gründeten im Jahr 1887 gemeinsam Studierende der Kunstgewerbeuniversität und der Akademie der Bildenden Künste und es war ein echter Mittelpunkt des künstlerischen Lebens einiger Generationen. Den eigenen ständigen Sitz, in dem auch Ausstellungsräume und ein Restaurant mit Kaffeehaus nicht fehlen, ließ sich der Verein vom führenden Architekten Otakar Novotný entwerfen und errichten.

Ein Spaziergang entlang des Masaryk-Kais wäre nicht komplett ohne einen Besuch der Slaweninsel (Slovanský ostrov), bekannt auch unter dem Namen Žofín, wo sich das gleichnamige klassizistische Palais von Jindřich Fialka aus den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts befindet. Das Gebäude ist seit seiner Entstehung eines der bedeutendsten Zentren des Prager Gesellschafts- und Kulturlebens. Die Insel entstand durch schrittweises Auftragen von Erde hinter den Šítkov-Mühlen und war einst viel kleiner. Die heutigen Maße erhielt sie erst 1784 beim großen Hochwasser, nach dem hier Schutzwälle errichtet wurden. Die behagliche Atmosphäre des hiesigen Parks lockt zum Entspannen. Sie finden hier auch ein ausgezeichnetes Gartenrestaurant, einen beliebten Kinderspielplatz und einige Ruder- und Tretbootverleihe.

Die Besichtigung schließen wir in den Gassen des heutigen Vojtěšská Viertels ab, das sich wortwörtlich gleich ums Eck befindet. Seinen Namen erhielt es nach der St.-Adalbert-Kirche (Kostel sv. Vojtěcha) mit freistehendem Glockenturm. In dieser Kirche war in den Jahren 1874-1877 der bedeutende tschechische Komponist Antonín Dvořák als Orgelspieler tätig, woran eine Gedenktafel erinnert. Nicht weit von der Kirche, an der Ecke mit der Pštrossova Straße, erinnert eine Gedenktafel an die Gründung des Ersten böhmischen Mädchengymnasiums Minerva, das hier seinen Sitz hatte, sowie die böhmische Schriftstellerin Eliška Krásnohorská, die zu seiner Gründung beitrug.

Prague City Tourism

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